Kurzinfo zur Person

Geboren: 1945

Orte des Geschehens:

Kranlucken

Hermine Thieme

Kurzinfo zur Person

Geboren: 1945

Ort des Geschehens:

Kranlucken

Hermine Thieme und ihre Familie erlebten 1961 eine brutale Trennung: Ihr Vater und Bruder wurden in die BRD abgeschoben, während der Rest der Familie ins sächsische Döbeln zwangsumgesiedelt wurde. Diese Trennung führte zu einer tiefen Entfremdung und prägte das kollektive Gedächtnis des Dorfes Kranlucken nachhaltig.

Hat doch keiner damit gerechnet, was die mit uns machen. Das müssen Sie sich mal vorstellen, sie sind eine ganz normale Familie, und das waren wir. Drei Kinder und Vater und Mutter und dann wird die Familie zerrissen.

Brutale Trennung einer Familie

Bei der Familie Fink aus Kranlucken handelt es sich um einen besonders tragischen Fall von Zwangsaussiedlung. Der Vater, ein alteingesessener und ehemals freier Bauer, trat aufgrund von Unwirtschaftlichkeit aus der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) aus, was laut Statuten auch möglich und erlaubt war. Zahlreiche Bauern folgten ihm. Als Konsequenz dieses – laut SED-Regime – aufwieglerischen Verhaltens wurde an der Familie Fink ein Exempel statuiert. Im August 1961 wurden Hermann Fink und sein Sohn Willi unter massiver Gewaltanwendung in die BRD abgeschoben. Daraufhin traten die anderen Bauern wieder in die LPG ein. Keiner, auch nicht die westdeutschen Behörden, hatte damit gerechnet, dass die DDR unliebsame Personen ausweist, statt sie zu inhaftieren.

Getrennte Leben

Der Rest der Familie, bestehend aus Mutter, Tochter und dem jüngeren Sohn, wurde im Rahmen der „Aktion Kornblume“ im Oktober 1961 ins Landesinnere zwangsumgesiedelt. Der zugewiesene Wohnort war Döbeln in Sachsen. Der Familie fiel es schwer, sich in Döbeln einzugewöhnen, da die Behörden Gerüchte über die vermeintlichen „Schmutzfinken“ streuten. Den einzigen Trost fand die Familie in der dortigen katholischen Kirche. Als Hermine volljährig war, wurde der Mutter Anna Fink die Ausreise genehmigt. Von da an waren die junge Hermine und ihr Bruder Berthold auf sich allein gestellt. Als Treffen wieder möglich waren, waren sich die Familienmitglieder bereits fremd geworden.

Kollektives Gedächtnis

In der Dokumentation „Vertreibung 1961“ wird mit Bezug auf Familie Fink von einem „Finksyndrom“ gesprochen. Ein ehemaliger Pfarrer im Dorf Kranlucken beschrieb die Gemeinde als verschlossen und wenig redselig. Das führte er auf die brutalen Konsequenzen für die Familie Fink zurück, die ja nicht mal Recht gebrochen hatte.

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