Gerda Gastrock, 1939 in Lindewerra geboren, wuchs in einer Gaststätte im Sperrgebiet auf. Nach ihrer Heirat mit Erhard Gastrock, einem Mann aus einer Stockmachfamilie, entschied sich das Paar 1961 zur Flucht. Unter dem Vorwand von Feldarbeit und mit Hilfe westdeutscher Zöllner gelang ihnen die riskante Flucht.
Frühe Jahre und familiärer Hintergrund
In dem malerischen thüringischen Dorf Lindewerra begann die Lebensgeschichte von Gerda Gastrock, geboren im Jahr 1939. Sie wuchs in einer eng verbundenen Familie auf, geprägt von der starken Präsenz ihrer Mutter, die als Alleinerziehende nicht nur zwei Töchter großzog, sondern auch mit Hingabe eine Gaststätte führte. Diese Gaststätte wurde zum Mittelpunkt ihres Lebens und der Gemeinschaft, auch wenn sie ab 1952 durch die Errichtung des Sperrgebiets in ihrer Existenz bedroht war. Gerda erlebte eine Kindheit, die geprägt war von der Notwendigkeit, sich anzupassen und kreative Lösungen für Herausforderungen zu finden – Fähigkeiten, die ihr später im Leben noch von großem Nutzen sein sollten.
Heirat und familiäre Herausforderungen
Gerda fand Liebe und Partnerschaft in Erhard Gastrock, einem Mann aus einer angesehenen Stockmachfamilie des Dorfes. Ihre Heirat führte sie tiefer in die Gemeinschaft von Lindewerra, doch das Glück der jungen Familie wurde bald von den politischen Unruhen der Zeit überschattet. Erhards Vater, einst inhaftiert wegen des Besitzes einer Jagdwaffe, und der Großteil der Verwandtschaft, die im Westen Deutschlands lebte, waren ständige Erinnerungen an die Spaltung des Landes und die herrschenden politischen Spannungen.

Der Entschluss zur Flucht
Mit der Zuspitzung der politischen Lage wurde klar, dass ein normales Leben in Ost-Deutschland für Gerda und ihre Familie kaum noch möglich war. Nach wochenlangen Überlegungen und Diskussionen fassten sie den mutigen Entschluss zur Flucht – ein Schritt, der ihr Leben für immer verändern sollte.
Der Fluchtversuch
Im September 1961, unter dem Deckmantel gewöhnlicher Feldarbeit, bereiteten sich Gerda und ihre Familie auf ihre riskante Reise vor. Sie nutzten die Gelegenheit, als die Werra Niedrigwasser führte. Erhard hatte sorgfältig die Grenzbedingungen beobachtet und heimlich Kontakt zu westdeutschen Zöllnern aufgenommen, die ihnen zur richtigen Zeit ein Signal geben würden. Mit nur wenigen persönlichen Besitztümern, versteckt in Säcken, täuschten sie Feldarbeit vor, während sie in Wirklichkeit ihren Fluchtplan umsetzten.
Ein neuer Anfang in West-Deutschland
Nach einer nervenaufreibenden Überquerung der Werra fanden Gerda und ihre Familie sich sicher im Westen Deutschlands wieder. Sie kamen zunächst ins Notaufnahmelager Gießen, bevor sie in Oberrieden eine neue Heimat fanden. Dort bauten sie mit unermüdlicher Arbeit und großem Optimismus eine neue Stockfabrik auf. Sechs Wochen nach ihrer Ankunft folgten Gerdas Mutter und Schwester, was die Freude und das Glück über den Neuanfang vervollständigte.

Leben nach der Wiedervereinigung
Mit der deutschen Wiedervereinigung begann für Gerda und ihre Familie ein neues Kapitel. Sie nutzten die Chance, in Wahlhausen eine weitere Fabrik zu errichten, womit sie nicht nur ihre wirtschaftliche Basis festigten, sondern auch ein Zeichen für Neuanfang und Hoffnung in einem wiedervereinten Deutschland setzten.