Dagmar Kilians Geschichte umfasst ihre Kindheit in Thüringen, ihren Traum von einem Veterinärmedizinstudium, den sie trotz Hürden als Veterinäringenieurin verwirklichte, und die Enteignung ihrer Familienmühle 1972, die schließlich abbrannte.
Kindheit und Jugend
Dagmar Kilian wuchs in Sülzfeld im Kreis Meiningen auf und wurde zum Ende des Zweiten Weltkrieges eingeschult. Die aus Niedersachsen stammenden Eltern hatten die Neumühle in Thüringen erworben, diese blieb 1972 in ihrem Besitz. Im Laufe der Zeit kamen noch ein Sägewerk und eine kleine Landwirtschaft dazu. Dagmars großer Traum war ein Studium der Veterinärmedizin, allerdings blieb ihr dies verwehrt, weil sie nicht die Erweiterte Oberschule besuchen durfte, vermutlich weil Dagmars Familie aufgrund ihrer Besitzungen nicht zur Arbeiterschicht zählte.
Der Weg zur Veterinäringenieurin
Nach einer Ausbildung zur Veterinärhelferin und -technikerin und dem Nachholen der neunten und zehnten Klasse absolvierte Dagmar ein Fernstudium zur Veterinäringenieurin. Sie arbeitetet u.a. im Erfurter Zoo und für Tierärzte in ihrer Heimat Sülzfeld.
Zwangsaussiedlung: Die Neumühle
Dagmar Kilian und ihre Familie wurden nicht während der Aktion Kornblume 1961 zwangsausgesiedelt, sondern 1972 durch eine willkürliche Maßnahme enteignet. Ihre Eltern wurden gedrängt, die Neumühle zu verkaufen, da ihre Scheune von Flüchtenden auf dem Weg zur Grenze als Unterschlupf genutzt wurde. Daher wurde der Familie seitens der Behörde zu ihrer vermeintlich eigenen Sicherheit nahegelegt, dem Staat das Grundstück zu verkaufen. Leider ist die Neumühle Jahre später vollständig abgebrannt.
Nach dem Mauerfall: Engagement und Aufklärungsarbeit
Die Familie wurde von den Behörden zum Stillhalten verpflichtet, erst nach der Wiedervereinigung erfuhren die Sülzfelder von den Hintergründen. Frau Kilian hält bis heute viele Vorträge über Zwangsaussiedlung sowie über geschleifte Gehöfte und Orte[1] des Altkreises Meiningen.
Zum ganzen Zeitzeugeninterview
[1] Neben der menschlichen Tragödie die hinter den Zwangsaussiedlungen steht, waren es vor allem die verlassenen, verfallenen oder abgebrannten Höfe und Orte die in Erinnerung blieben. In der Bevölkerung spricht man von „geschleiften“ Höfen und Orten.