Supervision
Private Einblicke, sensible Themen
Supervision bei Zeitzeugeninterviews stellt einen professionellen Begleitprozess dar, der von unschätzbarem Wert sowohl für die Zeitzeuginnen und Zeitzeugen als auch für die Interviewerinnen und Interviewer selbst ist. Zeitzeuginnen und Zeitzeugen öffnen Türen zu ihrer Vergangenheit, die für viele junge Menschen fern und schwer greifbar erscheint. Diese Geschichten sind nicht nur fesselnd, sondern oft auch emotional belastend. Manche Zeitzeugen sprechen im Interview zum ersten Mal über traumatische Erlebnisse, wodurch mitunter verdrängte und belastende Erinnerungen aufgewühlt werden. Supervision sorgt dafür, dass Interviewerinnen und Interviewer der im Projekt assoziierten Gedenkstätte Point Alpha und dem Grenzmuseum Schifflersgrund darauf vorbereitet sind, solch intensive Gespräche zu führen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gedenkstätten tragen eine immense Verantwortung. Dabei ist gerade aus forschungsethischer Sicht ein angemessener Umgang mit solchen Gesprächssituationen angebracht. Schließlich tragen wir eine Verantwortung für unsere Zeitzeugen – nicht nur wegen ihres hohen Stellenwertes für das Zeitzeugenmemorial.
Reflexion als Methode
Bei der Supervision handelt es nicht nur um eine reine fachliche Reflexion unserer Arbeit. Vielmehr bietet sie die Möglichkeit, bestimmte Herausforderungen zu identifizieren, neue Techniken zu erlernen und somit die Qualität der Interviews stetig zu verbessern. Bedenkt man, wie emotional und belastend die Themen in Zeitzeugeninterviews oft sind, wird schnell klar, warum emotionale Unterstützung ein zentrales Element der Supervision ist. Die Interviewenden können durch die Erzählungen stark berührt sein und brauchen einen Raum, um ihre Gefühle und Reaktionen zu verarbeiten. Während des Interviews muss in der Beziehung zwischen Interviewer und Interviewtem immer wieder die Balance zwischen Empathie und professioneller Distanz hergestellt werden. Dieser Prozess ist sehr herausfordernd und anstrengend, und oftmals kommt es zu „empathischen“ Verschiebungen, was zulasten der Objektivität gehen kann. Mithilfe eines Leitfadens, der im Rahmen einer Supervision erarbeitet wird, kann dies verhindert werden.
Ethische Standards und mentale Gesundheit
Für uns stellt die Forschungssupervision im Zeitzeugenmemorial, neben der methodischen Auseinandersetzung mit der Oral History, ein Element zur Qualitätssicherung (Objektivität) dar. Zudem ist uns die Sicherung hoher forschungsethischer Standards und die Gewährleistung der psychischen Gesundheit der Mitarbeiter und Zeitzeugen ein wichtiges Anliegen. Auch wird gewährleistet, dass die wertvollen Geschichten der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen mit größtmöglicher Sorgfalt, Respekt und Professionalität behandelt werden. Dies spiegelt sich nur beim Interview selbst wider, sondern schon bei Kontaktaufnahme und einem nachgelagerten Begleitprozess.
Weiterbildungen und kollegialer Austausch
Zudem sind Weiterbildungen auch schon fester Bestandteil des jährlichen Budgetplans des Zeitzeugenprojektes, sei es zu methodischen Inhalten wie Interviewsetting und Fragestellung oder technische Schulungen wie Kamera und Schnitt. Es wird ein offener Umgang unter den Kooperationspartner gepflegt und der kollegiale Austausch wird durch regelmäßige (Online-) Treffen intensiviert werden.